Gandalf der Graue folgte Gimli in gesetztem Schritt. Der Blick des Magiers wanderte aufmerksam umher, suchte den Nebel der Schlucht von Moria nach Gefahren ab. Schon seit sie den Abstieg in die Schlucht begonnen hatten, hatte er das Gefühl, in eine Falle zu laufen, und dieses Gefühl wurde mit jedem Schritt größer. Es blieb ihnen jedoch nichts anderes übrig, da Saruman den Pass des Caradhras unpassierbar gemacht hatte.

Gimli nahm von der Gefahr nichts wahr, zu sehr war er in Vorfreude, seine Anverwandten in Moria wieder zu sehen.

Legolas lächelte schwach. „Gimli ist beschwingt und leichtfüßig wie ein junger Elb. Das möchte man einem Zwerg kaum zutrauen.“

„Was Vorfreude nicht alles bewirken kann“, erwiderte Gandalf und stützte sich auf seinen Stab. Sie waren endlich am Ende der Treppe angekommen und die Schlucht breitete sich vor ihnen aus. Allmählich dämmerte es, und der Nebel verschluckte zusätzlich einiges an Tageslicht. „Wir sollten nicht allzu lange verweilen.“

„Kommt, kommt. Hier geht es entlang.“ Gimli wandte sich zielstrebig nach rechts, am See entlang.
Gandalfs Nackenhaare richteten sich schlagartig auf, als er das Knistern starker Magie um sich herum verspürte. „Halte ein, Gimli“, entfuhr es ihm und sein Blick huschte hektisch, suchend durch die Schlucht.
„Gandalf? Was spürst du?“ Legolas war sofort an seiner Seite und auch die vier Hobbits scharten sich um ihn. Boromir, Aragorn und Gimli zogen ihre Waffen und sahen sich suchend um.
„Magie... wilde, ungestüme und starke Magie...“ Weiter kam er mit seiner Erklärung nicht mehr.

Über ihnen fauchte es und die Gefährten wurden von einem heftigen Sog erfasst, der ihnen die Luft zum Atmen nahm. Und wie ein entferntes, fast vergangenes Echo vernahmen sie eine fast schon panische Männerstimme: „Longbottom, Sie riesengroßer Vollidiot...“

 

 

Gandalf schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Magie, die sie herum wirbelte – Zeit und Raum zogen an ihnen vorbei, eine gefühlte Ewigkeit wurden sie durchgeschüttelt, bis sie abrupt und ohne jegliche Vorwarnung in einem Kerker landeten. Gandalf konnte sich auf den Füßen halten, damit war er aber auch der Einzige.

Die vier Hobbits waren alle ziemlich grün um die Nase und lagen in einem Knäuel zwischen zwei Tischen. Boromir hing in Rückenlage quer über einem Tisch, die Hand an einem Silberkessel „Ah...heiß!“ entfuhr es ihm auch prompt, er zog blitzartig die Hand weg und sprang vom Tisch. Aragorn hing bäuchlings über einem umgefallenen Stuhl und rappelte sich gerade auf. Legolas kämpfte sich ächzend aus einer knienden Position hoch und rieb sich dann mit schmerzverzerrtem Gesicht über beide Knie. Gimli saß rittlings auf einem Stuhl, kippte aber dann durch diese abrupte Ankunft und den Schwung, den sie dabei gehabt hatten, hintenüber und stieß sich den Kopf an einer der massiven Tischplatten.

„Gimli, hast du dich verletzt?“, fragte Gandalf auch sogleich.

Der Zwerg setzte sich auf, schüttelte seinen Kopf und sah dann zu Gandalf hoch. „Ein kleiner Schlag auf den Hinterkopf bringt einen Zwerg nicht aus der Fassung... Au!“ Seine Hand fuhr in seine Haare und er rieb sich die Stelle, mit der er gegen den Tisch geschlagen war.

„Er kann noch Sprüche klopfen, da kann es nicht so schlimm sein“, meinte Boromir mit einem schiefen Grinsen, woraufhin Gimli ihm einen bösen Blick zuwarf. Legolas schüttelte milde amüsiert den Kopf und Aragorn lachte leise, wurde dann aber gleich wieder ernst.
„Geht es euch gut?“, fragte er die Hobbits, die sich inzwischen aufgerappelt hatten.

Sam tastete an sich herunter. „Alles noch dran... kein Blut... Ja, mir geht’s gut, würde ich sagen.“
Frodo und Pippin nickte nur und Merry murmelte „Ich denke, der Hobbit hier ist heile geblieben.“

Gandalf richtete sich zu seiner vollen Größe auf und stützte sich auf seinen Stab. „Solange keiner nennenswerte Blessuren davon getragen hat, sollten wir uns daran machen, diesen Ort zu erkunden. Hier sieht es aus wie in einer Brauküche auf Isengard.“

„Aber wir sind nicht in Isengard“, stellte Legolas fest.
Gimli schnaubte „Und wie kommst du zu der Annahme?“

Legolas tippte sich mit dem Zeigefinger gegen ein Ohr. „Über uns bewegen sich Menschen, viel zu viele für Isengard. Und die Stimmen, die ich vernehme sind vornehmlich jüngeren Alters. Wir müssen uns in einem deutlich größeren Bau als Isengard befinden, die Schritte kommen aus allen Richtungen und bewegen sich auf einen zentralen Punkt zu.“

„Bist du dir sicher, dass es keine Orks sind...“ Gimli zückte seine Axt und grinste kampfeslustig.

„Ich bin mir sicher. Zu leichtfüßig für Orks, zu schwerfällig für Elfen, zu kräftig für Hobbits, zu zart für Zwerge.“ Legolas warf Gimli einen verschmitzten Blick zu bei den letzten Worten. Der schnaubte nur.

Gandalf besah sich den Raum genauer, in dem sie sich befanden, ließ seine Magie schweifen und nahm sofort die Energien aus den Kesseln wahr. „Zieht diese Kessel von den Feuerstellen. Ich glaube, dieses Gebräu ist der Auslöser für unsere kleine Reise hierher. Ein weiterer Unfall dieser Art ist möglichst zu vermeiden. Aber verschüttet nichts. Vielleicht kann man mit einer genaueren Untersuchung das Problem herausfinden und beheben."


Nachdem alle Kessel neben den Feuerstellen standen und diese gelöscht waren, machten die Gefährten sich auf den Weg aus diesem Kerker. Immer Legolas' Gehör folgend betraten sie nach einigen Minuten Fußmarsch eine Eingangshalle. Erstaunt sahen sie sich um und Gandalf murmelte „Definitiv kein Bau, der mir bekannt ist. Wir müssen uns in einem sehr großen Schloss befinden.“
Legolas' Blick war nach oben gewandert. „Ein magisches Schloss obendrein. Seht, die Treppen bewegen sich, und die Bilder ebenfalls.“

„Beeindruckend. Das erklärt die starke Konzentration von Magie, die ich hier fühle. Das ganze Schloss muss förmlich mit Magie durchsetzt sein.“ Gandalf wandte sich einem der beiden großen Portale zu. „Ich vermute anhand des Geräuschpegels, dass wir dort wohl auf die vielen Menschen treffen werden, die du schon im Kerker vernommen hast.“

Langsam stieß er das Portal auf und trat in eine weitere riesige Halle. Seine Gefährten folgten ihm sofort, aufmerksam, die Hände an den Waffen.
Das Bild was sich ihnen bot, hätte nicht chaotischer und gleichzeitig friedlicher sein können. Hunderte Menschenkinder saßen an vier langen Tischen, aßen, lachten und unterhielten sich lautstark. Nur am anderen Ende der Halle, etwas erhöht, befand sich ein Tisch mit offensichtlich erwachsenen Menschen. „Eine Art Schule?“, sinnierte Boromir. „Die Kinder tragen alle die gleiche Bekleidung, wenn man mal von den verschiedenen Farbakzenten absieht.“
„Eine Magierschule vermutlich“, fügte Legolas hinzu. „Ich wusste gar nicht, dass es auf Mittelerde so viele Magier gibt.“
„Gibt es auch nicht“, erwiderte Gandalf. „Alleine die Anzahl der Kinder hier lässt auf noch viel mehr erwachsene Magier schließen. Wir... sind nicht mehr auf Mittelerde, wir haben eine Reise durch Raum und Zeit gemacht.“

 

An der langen Tafel erhob sich ein alter Mann und betrachtete die Gruppe verblüfft, wobei sein Blick primär auf Gandalf haftete. Gandalfs Blick war allerdings nicht weniger verblüfft. Der Mann sah ihm doch schon extrem ähnlich. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich mich jetzt fragen, ob ich einen lange verlorenen Bruder gefunden habe...“

In der Halle verstummten die Schüler allmählich und die Aufmerksamkeit wandte sich nach und nach auf die Gefährten. Leises Getuschel kam auf. Legolas, der einiges davon verstand, musste schmunzeln, denn die Schüler stellten die Ähnlichkeit von Gandalf und dem alten Mann am Ende der Halle ebenfalls erstaunt fest. „Das ist aber nicht Aberforth Dumbledore.“ „Die sehen sich aber ähnlich, ist das Professor Dumbledores Bruder?“ „Wow, fast wie Zwillinge, schau mal...“

Gandalf machte einen weiteren Schritt in die Halle. „Grüße. Verzeiht unser Eindringen und die Unterbrechung eures Mahls.“
„Sicher, sicher. Womit können wir Ihnen denn helfen?“ Auch der alte Mann schien seine Fassung wieder gewonnen zu haben und lächelte freundlich.

„Nun, wir wurden wohl Opfer eines magischen Unfalls und sind hier in diesem sagenhaften Gemäuer gestrandet. Genauer in einem Brauraum in den Kerkern. Ob Ihr uns vielleicht behilflich sein könnt, wieder unseren Ausgangspunkt dieser unglücklichen Reise zu erreichen?“

Eine gestrenge Dame erhob sich abrupt. „In den Kerkern, sagen Sie?“, entfuhr es ihr irritiert.
„Ja. Ein Raum mit vielen brodelnden Kesseln, die unbeaufsichtigt waren. Meine Magie sagte mir, dass dieses Gebräu für unsere Reise verantwortlich ist und so haben wir vorsorglich die Flammen gelöscht.“

Die Dame ließ ihren Blick suchend über die vier großen Tische schweifen. „Die Fünftklässler Gryffindor Slytherin und Severus fehlen komplett... Oh je...“ Mit diesen Worten eilte sie im Stechschritt um den Tisch und auf Gandalf zu. „Entschuldigt, ich muss nachsehen...“

Gandalf und die Gefährten ließen sie passieren.


Der alte Mann war inzwischen auch um den Tisch herum gekommen, gefolgt von einem sehr kleinen Mann mit Brille, kleiner noch als Gimli, aber offensichtlich kein Zwerg. „Mein Name ist Albus Dumbledore, mein Kollege hier ist Filius Flitwick. Willkommen in Hogwarts, Groß Britanniens größter Schule für Hexerei und Zauberei.“
„Danke, Meister Dumbledore...“
„Oh, Professor oder Mister reicht mir völlig aus. Dem Ausdruck Meister kann ich nicht viel abgewinnen, fürchte ich.“

„Natürlich... Professor Dumbledore, ich bin Gandalf der Graue, und meine Begleiter sind Legolas Greenleaf; Gimli, Sohn des Gloín; Aragorn von Bruchtal, Boromir von Gondor; und die Herren Frodo Beutlin, Samweis Gamdschi, Meriadoc Brandybock und Peregrin Tuk aus dem Auenland... Ist euch nicht wohl?“
Dumbledore wurde mit jedem Namen blasser und starrte Gandalf perplex an. „Gandalf der Graue? Wie... ich meine... Ihr kommt von Mittelerde?“

„Oh, Ihr kennt Mittelerde?“
„Ja... Nein... ich meine...“ Dumbledore schüttelte sich. „Eure Welt ist bei uns nur eine Fantasiewelt, erfunden von einem sehr begabten Schriftsteller, Ihr alle existiert für uns auf der Erde nur als Romanfiguren... Und nun steht die Gemeinschaft des Ringes gesammelt hier in der großen Halle von Hogwarts? Entschuldigt bitte mein Erstaunen.“

 

„Albus... Albus!“ Die gestrenge Dame kam keuchend angerannt. „Sie sind verschwunden! Severus, Miss Granger, und die Herren Potter, Longbottom, Finnegan, Weasley, Malfoy, Goyle und Zabini sind weg, ich habe die Schutzzauber befragt, sie befinden sich nicht mehr in Hogwarts.“

Dumbledore sah zwischen den Gefährten und der Dame hin und her. „Bist du dir sicher, Minerva?“

Sie schürzte die Lippen und Dumbledore seufzte schwer. „Da scheint ein furchtbares Missgeschick passiert zu sein. Uns fehlen Neun, und hier sind Neun von Mittelerde...“

Professor Flitwick schüttelte entgeistert den Kopf. „Was hat Mister Longbottom dieses Mal nur wieder angestellt?“
„Der Name...“ Legolas sah zu Flitwick runter. „Longbottom... Ich bin mir sicher, eine männliche Stimme gehört zu haben, die diesen Namen gesagt hat, als wir durch den Strudel gezogen wurden.“

„Wenn Longbottoms Trank an diesem Chaos hier schuld ist, dann Gnade uns Merlin...“ stöhnte die Dame...

 

 

 

Ginny Weasley saß wie auf glühenden Kohlen auf ihrem Platz und hörte mit immer größer werdendem Entsetzten dem Gespräch zwischen den Professoren und den Gefährten zu. Sie hatte sich schon gefragt, wo Harry, Ron, Hermine, Neville und Seamus abgeblieben waren, es aber auf die Muggelgrippe geschoben, die zur Zeit vor allem unter den höheren Stufen kursierte. „Und sie sind sicher nicht im Krankenflügel? Die Grippe blockiert doch jegliche Magie, vielleicht kann das Schloss sie nicht mehr erfassen?“ warf sie laut ein.
Professor McGonagall sah zu ihr und schüttelte den Kopf. „Sind sie nicht. Selbst wenn sie sich mit der Grippe angesteckt hätten, wäre noch genug residuale Magie in ihren Körpern, dass die Schutzzauber sie erkennen würden. Die anderen Schüler mit Grippe sind alle gelistet.“

„Scheiße...“, entfuhr es Ginny entsetzt. „Mom wird ausflippen!“

„Na, nicht nur eure Mom. Ich wette mit euch, Malfoy wird den Generalaufstand proben, weil sein Sohn verschwunden ist“, prophezeite Collin Creevy mit düsterem Blick.

„Da wettet keiner dagegen“, tönte Tracey Davis vom Slytherin Tisch.

Dumbledore räusperte sich. „Solche Spekulationen bringen uns jetzt nicht weiter, meine Lieben...“
„Und WAS genau bringt uns weiter?“ McGonagall sah ihn mit spitzem Blick an.

Dumbledore seufzte „Wenn ich das wüsste, Minerva, wäre mir wohler.“

 

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