„Jetzt mal der Reihe nach. Sind wir hier für den Moment erst mal so sicher, dass ihr uns aufklären könnt, was hier überhaupt los ist? Ihr Beide scheint ja die Einzigen von uns zu sein, die mit dieser Situation etwas anfangen können.“ Potter hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah abwechselnd zwischen Granger und Draco hin und her.

Die Beiden wechselten einen nachdenklichen Blick und Draco murmelte „Abgesehen von Gollum, der uns in der Gruppe garantiert nichts tun wird, sollte hier nichts sein. Wir sollten nur kein Lager für die Nacht hier aufschlagen, ich hab keine Ahnung, wie lange es hier ruhig bleiben wird.“

„Okay, dann schießt mal los. Wo sind wir hier, und von welchem Buch redet ihr die ganze Zeit“, befahl Potter regelrecht.

 

 

Draco und Granger redeten abwechselnd, ergänzten sich und es dauerte knapp zwei Stunden, bis sie die Geschichte der Gefährten und des Ringes im Groben erzählt hatten. „Fakt ist: Wir sind neun Leute, und das ist die Anzahl der Gefährten. Alles, was hier gerade passiert ist, die gesamte Situation, ist genau so im Buch beschrieben worden, nur eben mit den Gefährten, statt mit uns. Der Kraken, der den Ringträger attackiert, das einstürzende Portal, die ganzen Leichen hier. Ach ja und der Ring ist definitiv echt, das Höllenfeuer konnte ihm nichts anhaben, und das heißt, er kann nur im Schicksalsberg geschmolzen werden, wo er auch geschmiedet wurde. Davon abgesehen habe ich die dunkle Magie darin gespürt, die Anziehung, die Verlockung, die er auf mich hat“, schloss Draco die Erklärung.
„Ich will das Ding nicht...“, kam es da auch prompt verzweifelt von Granger. „Ich will ihn nicht! Soll einer von euch ihn doch nehmen, oder meinetwegen kann Gollum ihn wieder haben.“

Draco drehte sich zu ihr und studierte ihren völlig hilflosen, verzweifelten Gesichtsausdruck. „Granger... Hermine... Wenn jemand von uns diesen Ring tragen und ihm widerstehe kann, bist du das. Keiner von uns Kerlen hat dafür genug Willensstärke und Reinheit in sich.“

„Wie... wie kommst du da drauf?“, nuschelte sie erstaunt.

Draco lachte amüsiert „Wir Slytherins fallen aus Prinzip raus, Macht zieht uns sowieso an. Und deine vier Hitzköpfe hier... Meinst du nicht, dass die den Ring impulsiv benutzen und damit die Nazgul anlocken würden?“

„Hey...“ tönten Potter und Longbottom eingeschnappt und Longbottom fügte noch an „Ich bin vieles. Ängstlich, tollpatschig, ehrlich, treu, und vielleicht auch mutig genug, um als Gryffindor durchzugehen statt als Hufflepuff, aber Impulsivität zählt mal garantiert nicht zu meinen Schwächen.“

Draco warf ihm einen Blick zu. „Nimm's mir nicht krumm, Longbottom, aber wir reden hier weder von Mut oder sonstigen heroischen Eigenschaften, sondern von reinem Willen. Und den hast du nicht. Nicht so wie Granger hier, unsere Ravenclaw im Gryffindorgewand.“

„Ich geb ihn Gollum zurück...“, murmelte Granger.

Draco schüttelte den Kopf. „Das kannst du nicht, und das weißt du genau. Sauron muss genauso vernichtet werden wie Vol... Vol... Voldemort. Wenn du Gollum mit dem Ring verschwinden lässt, haben die Gefährten keine Chance, ihre Aufgabe zu vollenden.“

„Ach verdammt...“ Granger sah geschlagen in die Runde. „Gestatten, ich bin Frodo Beutlin, Ringträger und das arme Wesen mit dem beschissenen Karma.“

Draco rieb sich das Kinn. „Da bringst du mich auf was. Wenn du Frodo ersetzt... Wer sind dann die Anderen?“

„Und warum ist das wichtig?“, fragte Weasley neugierig.

Granger sah ruckartig zu Draco. „Oh je, du hast recht... Wir haben euch doch gesagt, dass die Gefährten zerrissen werden... Solange wir hier sind, sollten wir das tunlichst vermeiden, immerhin wollen wir wieder nach Hause, und das dürfte sich etwas schwierig gestalten, wenn wir auf ganz Mittelerde verstreut sind. Und dazu müssen wir wissen, wer hier in welche Rolle schlüpft, damit wir gewisse Ereignisse wie den Kampf gegen den Balrog unbeschadet umgehen können.“

„Oh...“ kam es von den restlichen Schülern. Severus schwieg, denn er konnte die Notwendigkeit durchaus erkennen. Und er konnte zwischen den Zeilen lesen. Denn auch wenn Draco und Granger nichts dergleichen gesagt hatten, so was Severus sich doch ziemlich sicher, dass nicht alle Gefährten diese Reise überleben würden. Hier herrschte genau so Krieg wie auf der Erde. Und er hatte absolut keinerlei Bedürfnis, sein Leben im Kampf für diese Welt zu lassen, er wollte erst mal den Krieg vor der eigenen Haustür irgendwie überleben, Danke!

Granger sah zu ihm. „Sie sind Gandalf. Die Rolle passt zu keinem anderen von uns, wir sind eindeutig zu jung und unerfahren.“

„Dann kann aber eigentlich keiner von uns Legolas sein. Der hat auch bald seine tausend Jahre auf dem Buckel“, grübelte Draco.

Granger winkte ab „Du bist Legolas, das ist genau so klar wie Professor Snapes Rolle.“

„Was, wieso?“ Draco musterte sie perplex.

„Na überleg mal. Legolas wirkt zwar immer ruhig und besonnen, was natürlich nicht zu dir passt. Allerdings kann er auch ganz anders, laut den Büchern kann er sogar ziemlich aggressiv unterwegs sein, vor allem, als er noch im Düsterwald ist, und DAS passt definitiv zu dir. Und in Legolas' Fall muss ich sagen, dass es auch optisch einigermaßen passen würde, du hast tatsächlich etwas elbenhaftes an dir, die feinen Gesichtszüge, die hellen Haare, der schmale, drahtige Körperbau“, erklärte Granger logisch und brachte Draco doch tatsächlich dazu, leicht rot zu werden und sich an die Ohren zu fassen.

„Wenigstens das Langohr bleibt mir erspart...“

Granger kicherte amüsiert, sah dann aber wieder ernst in die Runde „Und Aragorn ist auch nicht schwer. Das ist Harry.“

Potter runzelte die Stirn. „Der, der mal König wird? Das soll ich sein?“

Severus musste Potters Zweifeln innerlich doch recht geben. Das zweite Mal schon für heute, dass der Bengel recht hatte!

Aber Granger widerlegte die Zweifel mit ihrer Logik. „Darum geht’s nicht. Aragorn ist ein Anführer, auf ihm liegt viel Verantwortung und er schultert sie still und mit einer gewissen Würde. Auch wenn du es noch nicht so ganz raus hast mit der Würde, passt der Rest auf dich wie die Faust aufs Auge.“

„Wo wir es gerade von Tollpatischgkeit hatten... Ich fürchte, ich bin der, der den toten Körper in den Brunnen wirft“, murmelte Longbottom leicht betreten und beendete so die Diskussion um Potters angeblich gute Eigenschaften.

„Wie wahr, Longbottom, das würde zu gut zu Ihnen passen,“ brummte Severus mit seinem üblichen Zynismus.

Granger fuhr zu ihm herum. „Jetzt hören Sie endlich auf, auf Neville herum zu hacken, das bringt uns gerade kein Stück weiter!“

„Miss Granger...“

„Severus, hör auf. Sie hat recht, deine übliche Tour kannst du hier wirklich stecken lassen. Ihr alle habt absolut keine Ahnung, was uns hier erwartet. Ich sage euch, ihr braucht jedes Quäntchen Mut, das in euch steckt, jeden Funken Gerissenheit, den ihr aufbringen könnt. Wir können hier nicht auf den negativen Eigenschaften der Anderen herum hacken, denn das demoralisiert nur, und das ist das Letzte, was wir in dieser Situation brauchen, also reißt euch alle zusammen. Keine Sticheleien, keine Feindseligkeiten. Wir sind nicht auf der Erde, wir sind nicht in Hogwarts, nicht in Slytherin oder Gryffindor. Wir sitzen hier in den Minen von Moria, wo Orks, Bergtrolle und ein Balrog nur darauf warten, uns zu zerfleischen. Wir müssen zusammenhalten, denn hier kommt kein allmächtiger Albus Dumbledore, der uns den Arsch retten kann, hier sind wir auf uns gestellt!“ Dracos Wangen hatten einen kräftigen Rotton während seiner Predigt angenommen und er funkelte fast schon wütend in die Runde und vor allem zu Severus.

Der wusste tatsächlich nicht, was er darauf erwidern sollte.

Granger war es, die die Situation entschärfte. „Und trotzdem haben Neville und der Professor recht. Pippin ist ein Tollpatsch, aber ein mutiger, liebenswerter Tollpatsch. Neville ist Pippin am ähnlichsten.

„Und Greg ist Gimli, die sind beide angriffslustig, haben ne große Klappe und viel Wums in den Armen.“ Draco sah amüsiert zu seinem Freund, der ihm einen bösen Blick zuwarf.

Weasley sah irritiert zwischen den Beiden hin und her. „Große Klappe? Da haben wir aber bisher nicht allzu viel von mitbekommen, würde ich sagen.“
„Nur, weil ich meist still bin und Draco hier das Reden schwingen überlasse, heißt das nicht, dass ich mich nicht artikulieren kann und will. Ich rede halt nicht grundlos mit jedem, Weasley“, kam es nüchtern von Goyle und Severus musste grinsen, als Weasley Goyle verdattert ansah.

„Draco hat recht,“ bestätigte auch Zabini den Vergleich und Severus nickte schließlich zustimmend.

„Fein, dann haben wir jetzt Gandalf, Frodo, Pippin, Gimli, Aragorn und Legolas. Fehlen noch Sam, Merry und Boromir. Und wenn ich ehrlich bin, dann sehe ich weder Weasley noch Finnegan als Boromir, ich glaube, das bist du, Blaise.“

Bevor Zabini auf Dracos Ausführungen reagieren konnte, meinte Granger enthusiastisch „Stimmt. Allerdings bin ich mir unschlüssig, wer von beiden Sam ist, und wer Merry. Sie könnten beide Merry sein, hitzköpfig, laut, ungestüm. Sam ist eher der ruhigere Typ, aber auch treu und aufopferungsvoll bis zum Ende...“

Potter sah zu Weasley. „Ich glaube... du bist Merry. Und Seamus ist Sam.“

„Warum?!“ Weasley sah Potter an wie ein geschlagener Hund.

Der seufzte. „Du bist der beste Freund, den man sich wünschen kann, aber deine unnötige Eifersucht und dein Wunsch nach materiellen Dingen, Ruhm und Anerkennung hast du bis heute nicht ganz im Griff. Und dieser Sam klingt nicht so, als könne er so etwas wie Eifersucht überhaupt empfinden.“

„Eifersucht ist etwas, was Hobbits scheinbar sowieso kaum kennen. Dieses Völkchen ist einfach viel zu friedliebend für so negative Emotionen. Aber Harry hat recht, wenn dann wäre Merry eher der Typ dafür. Er mag die Aufmerksamkeit, zumindest kommt das manchmal in den Büchern so rüber. Sam hat solche Momente eher nicht.“ Granger griff nach Weasleys Hand. „Du bist Merry. Und Seamus ist Sam.“

 

Severus hatte diesen Austausch doch durchaus mit Interesse betrachtet. So eine fast schon tiefgreifende Charakteranalyse hatte er nicht erwartet. Allerdings brachte sie das kein Stück näher an die Rückreise oder aus dieser Gefahr raus. Und er ahnte, dass diese Analyse ausufern würde, wenn er der ganzen Sache jetzt nicht einen Riegel vorschob und das Thema änderte.

Am liebsten hätte er das Zepter hier in die Hand genommen, aber nach den letzten Stunden musste er sich eingestehen, dass er hier nicht die Führung übernehmen konnte, sondern Draco und Granger das machen mussten. Er musste den Beiden vertrauen, und er war heilfroh, dass beide so einen gesunden, logischen Kopf auf den Schultern hatten – und dass Beide ihre Freunde hier fest im Griff halten konnten. „Da das nun geklärt wäre... Wie gehen wir jetzt weiter vor? Wir haben schon ein paar Stunden hier zugebracht, und ich spüre, dass jemand, vermutlich dieser Gollum, sich hier aufhält und uns beobachtet.“

 

 

„Eigentlich könnten wir mal was zu Essen gebrauchen, wir haben seit Stunden nichts gegessen, und Durst habe ich auch.“ Weasley – War ja klar, dass der zuerst an die Nahrungsaufnahme dachte. Aber er hatte recht, selbst Severus verspürte ein leichtes Grummeln im Magen.

Granger schnappte sich diverse Steine und begann, sie in Trinkflaschen zu verwandeln und an Draco weiter zu reichen, der sie mit sorgsam dosierten Aguamenti füllte und in die Gruppe weiter gab. „Trinkt so viel, bis sich ein Sättigungsgefühl einstellt. Essen gibt's hier nicht, fürchte ich“, erklärte Granger, bevor sie ihre Trinkflasche ansetzte und mit einem einzigen großen Zug austrank.

Weasley und Goyle stöhnte simultan „Und warum nicht?“

„Gamps Gesetz der elementaren Transfiguration: Nahrung ist eine der fünf großen Ausnahmen und kann nicht aus dem Nichts herbei gezaubert werden“, zitierte Zabini das Lehrbuch.

Weasley ließ die Schultern hängen. „So ein Scheiß...“, grummelte er, bevor auch er seine Flasche leer trank.

 

 

Die Bäuche randvoll mit kühlem Nass machten sie sich schließlich auf den Weg in die Minen, natürlich mit gezückten Zauberstäben und förmlich auf Zehenspitzen. Gollum hielt sich stets hinter ihnen auf, außer Sichtweite, aber Severus spürte die Anwesenheit dieses Wesens, das wohl einmal ein Hobbit gewesen war. Severus wusste nicht, wieso in diesem Wesen eine latente Magie schlummerte, aber er vermutete, dass alle Hobbits eine gewisse Naturmagie in sich trugen. Er war irgendwie neugierig, ob sich seine Theorie denn als wahr erweisen würde. Die Alternative war, dass der Ring weit mehr magische Auswirkungen auf Gollum gehabt hatte, als nur das Aussehen zu verändern und das Leben zu verlängern.

Allgemein spürte Severus viel Magie hier. Fremde Magie, zugegeben, aber abgesehen von dem Ring und etwas, das tief unter ihnen ruhte, war nichts daran dunkel oder gar böse. Die Magie war einfach... da. Weder schwarz noch weiß, weder gut noch böse, sie war einfach nur. So wie in Hogwarts auch, nur anders... Weniger energetisch, arkan und willensgesteuert, wenn er es benennen müsste, mehr natürlich, elemetar, wie ein grundlegender Baustein in allem um sie herum.

Zum Glück funktionierte die arkane Magie in ihnen scheinbar immer noch einwandfrei, auch hier, wo sie scheinbar nicht natürlichen Ursprungs war, sonst hätten sie schon vor dem Mineneingang ein wirklich ernsthaftes Problem bekommen.

Ob diese latente Magie, die hier vorherrschte, auf ganz Mittelerde zu finden war? Oder ob das nur am durchaus magischen Volk der Zwerge lag? Wobei, vielleicht waren Zwerge hier ansich gar nicht magisch, im Gegensatz zu den Zwergen, die früher auf der Erde gelebt hatten. Vielleicht war auch gar keins der Völker hier wirklich magisch. Nach den Erzählungen von Draco und Granger waren es nur ganz wenige Menschen, nein Maiar, die Magie wirklich wirken konnten. Und die Elfen schienen ebenfalls teilweise eine Verbindung zur Magie zu haben, aber nicht so aktiv wie die Maiar. Alle anderen Völker machten keinen magischen Eindruck auf Severus, zumindest nicht aus den Erzählungen heraus.

Ganz wider seiner sonstigen Art war er inzwischen mehr als nur neugierig auf das, was sie hier so sehen und erkunden konnten. Wäre da nur nicht die Gefahr durch den Ring und die Tatsache, dass sie hier absolut nicht hin gehörten...

 

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